NIGHT TALES: PADEREWSKI
Manru Einleitung:
„Manru” – Paderewskis einziges Bühnenwerk – ist das erste Musikdrama in der polnischen Opernproduktion. Es ist eine ergreifende Geschichte über unglückliche Liebe, aber auch über soziale Unterschiede und Intoleranz. Als überzeugter Patriot (er war einer der beiden Polen, die den Vertrag von Versailles unterzeichneten) war sich Paderewski bewusst, dass das künftige Polen ein Vielvölkerstaat sein würde, und so kam er auf die Idee, zu zeigen, wie Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz wahre Liebe töten können.
Paderewski wollte mit „Manru” sein Schaffen als Komponist krönen, um diejenigen zu überzeugen, die an seinen Fähigkeiten zweifelten, auch eine Oper schreiben zu können. Ihm schwebte ein originelles Werk, dessen Musik auf den ihm so vertrauten Goralen- und Roma-Motiven basiert.
In der heutigen Zeit erhält diese Oper eine zusätzliche Bedeutung, angesichts der dramatischen Szenen, die sich an der Ostgrenze Polens zu Belarus abspielen. Paderewski warnte vor einer feindseligen Haltung gegenüber dem Fremden. Welche Haltung sollten wir also heute einnehmen? Diese Frage beantwortete Olga Tokarczuk in ihrer Rede zum Nobelpreis für Literatur mit folgenden Worten:
„Zärtlichkeit ist die demütigste Art der Liebe. Es ist die Art der Liebe, die in keinen Schriften oder in den Evangelien vorkommt; niemand schwört auf sie, niemand beruft sich auf sie. Sie hat keine Embleme oder Symbole, sie führt nicht zu Verbrechen oder Eifersucht. Sie erscheint dort, wo wir mit Aufmerksamkeit und Konzentration in das andere Wesen schauen, in das, was nicht „ich” ist. Zärtlichkeit ist spontan und uneigennützig, sie geht weit über das empathische Mitgefühl hinaus. Vielmehr handelt es sich um eine bewusste, wenn auch vielleicht etwas melancholische Teilhabe am Schicksal. Zärtlichkeit ist die tief gefühlte Sorge um ein anderes Wesen, seine Zerbrechlichkeit, seine Einzigartigkeit, um seinen Mangel an Immunität gegen Leid und die Auswirkungen der Zeit.”
Anmerkung des Autors
Die Partitur der Oper „Manru” wurde einem Mapping- und Dekonstruktionsprozess unterzogen. Auf dieser Grundlage entsteht ein neuer Stoff, voller Emotionen und Energie, der sich auf die Musikpassagen und die Dramaturgie des Werkes bezieht.
In der musikalischen Ebene kommen zeitgenössische Ausdrucks- und Stilmittel zum Einsatz – Free Jazz, Ambient, Ethno, Noise, Akusmatik.
Notation der neugeschaffenen Partitur:
– exakte Aufzeichnung von Themen, die improvisatorisch weiterentwickelt werden
– diagrammatische Aufzeichnung
Visuelle Partie, die den zeitlichen Ablauf der Aufführung diszipliniert.
Sie verwendet abstrakt-symbolisches Material.
Sie wird „live” geschaffen.
Auf der dramaturgischen Ebene ist es wichtig, die Archetypen der Konflikte aufzugreifen: wir und sie, Liebe und Verrat, Toleranz und Fremdenfeindlichkeit, Freude, Hoffnung und Nostalgie, Zweifel. Über dem ganzen Drama schwebt das Gespenst des Triumphs der Menschenverachtung und seines Wunsches nach Freiheit und Akzeptanz.
Die Texte des ERZÄHLERS basieren auf Fragmenten des Librettos (Autor: Alfred Nossig) in der Originalsprache Deutsch (Uraufführung in Dresden 1901).
Die Texte der SYMBOLISCHEN FIGUR stammen aus dem Buch Jeremia, dem Buch der Weisheit – in lateinischer Sprache (vulgata) und bilden eine ideologische Klammer.
Der Titel – NIGHT TALES – bezieht sich auf die Namen der nächtlichen Veranstaltungen progressiver Musik (Electronic, Jungle, Hip-Hopp, Rave), die in den märchenhaften Interieurs alter Londoner Theater stattfinden. In der psychedelischen Aura der Innenräume des 19. Jahrhunderts entfalten sich Trance-Bacchanalien des 21. Jahrhunderts.
Und nun laden wir Sie zu unserem nächtlichen Märchen über die Geschichte der tragischen Liebe von Ulana und Manru in der Welt der verschlossenen Herzen ein. Eine Geschichte, die aus Paderewskis großartigem Werk heraus improvisiert wurde.
Das Libretto der Oper wurde im Jahr 1901 geschrieben. Um den historischen Kontext des Inhalts möglichst gut wiederzugeben, haben wir uns entschieden, in unserem erzählerischen Kommentar einige Formulierungen aus dem deutschsprachigen Original zu übernehmen, darunter auch die Bezeichnungen der ethnischen Gruppen…
Die Oper „Manru” von Ignacy Jan Paderewski ist bis heute das einzige Werk eines polnischen Komponisten, die in der 135-jährigen Geschichte der Metropolitan Opera dort aufgeführt wurde.
Das Libretto für die Oper wurde von Alfred Nossig auf der Grundlage des Romans „Chata za wsią” (Eine Hütte hinter dem Dorf) von Józef Ignacy Kraszewski verfasst. Kraszewski schrieb, dass er das Thema des Romans von dem polnischen Dorf Wolhynien übernommen hatte. Dort lernte er das Leben der Roma kennen, von denen einige sich auf dem Lande niederließen und dort Familien gründeten. Im Vorwort erläutert Kraszewski seine Themenwahl: „Unsere Gesellschaftsbilder sind unvollständig, denn sie haben bisher nur das Leben der Reichen abgebildet, während das Leben der Landbevölkerung vernachlässigt wurde. Im Leben der oberen Gesellschaftsschichten kommt der Nationalcharakter nicht zum Vorschein, da er dort von der Mode der Weltmetropolen und ihren Konventionen verdeckt wird… Das ist wirklich schade, denn nur Gott allein blickt auf Tausende von armen Naturgewalten herab, in denen mehr Kraft, Schönheit, Energie und Tugend steckt als in den Dramen, die sich vor unsere Augen vordrängen, denen wohl ihr leuchtender Rahmen das Recht auf menschliche Neugier, Beschäftigung und Erinnerung gibt.” Das lyrische Drama „Manru” ist ein ehrgeiziges Werk, das sich in seiner Form von Wagners Musikdramen inspiriert. Die Handlung spielt in einer bergigen Landschaft und dreht sich um eine unglückliche Dreiecksbeziehung, soziale Ungleichheiten und rassistische Ressentiments (der Protagonist Manru ist ein Roma).
Die Hervorhebung der Psyche der „Zigeunerseele”, die sich nach Freiheit und Ungebundenheit sehnt, bringt die Sehnsüchte des polnischen Volkes jener Zeit zum Ausdruck. Das Leitmotiv der gesamten Handlung liegt in der Behauptung, dass sich eine freie Natur niemals zähmen lässt und dass fremde, aufgezwungene oder freiwillig akzeptierte Umstände und Bedingungen niemals heimisch werden können. Es ist ein patriotischer Akzent – mittels der Analogie. Das Libretto wurde in deutscher Sprache geschrieben, das Werk in Dresden uraufgeführt. Im Jahr 1901.
Ignacy Jan Paderewski – Pianist, Komponist, Aktivist, Polyglott, Redner, Politiker, Staatsmann ¬ führte ein außergewöhnliches Leben. Er war ein lebendes Beispiel dafür, wie viel ein Mann von bescheidener Herkunft, doch mit außergewöhnlichen Talenten, rigoroser Arbeitsmoral und großen Fähigkeiten zur Selbstdarstellung zu seiner Zeit erreichen konnte.
Er war abwechselnd der archetypische Künstlerromantiker des 19. Jahrhunderts und der schneidige Selfmademan des 20. Jahrhunderts, der unermüdlich die Welt bereiste, um dann all das für jene Dinge einzusetzen, die ihm am Herzen lagen – die polnische Unabhängigkeit, die Musik und die Philanthropie.
Paderewski ist ein Beispiel dafür, dass es möglich ist, die Salons der ganzen Welt zu erobern und gleichzeitig eine patriotische Haltung gegenüber dem Vaterland zu bewahren, dem Vaterland treu zu sein und ein polnischer Patriot zu sein.
Paderewski trat in den Konzertsälen der ganzen Welt auf, von Europa bis hin zu Amerika und Australien.
Paderewski wurde im Ethos der Vaterlandsliebe und des Pflichtgefühls gegenüber seinen Landsleuten erzogen. Zu seinen Lebzeiten veränderte sich die Situation in den russischen, preußischen und österreichischen Teilungsgebieten infolge von internen Problemen aller drei Besatzungsmächte. Die scheinbare Unvermeidlichkeit eines bewaffneten Konflikts, in dem sich die Besatzer gegeneinander wenden würden, ließ die Hoffnung auf polnische Unabhängigkeit wieder aufleben.
Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs – eine der größten Tragödien des europäischen Kontinents – bot paradoxerweise die beste Gelegenheit, die Frage der polnischen Unabhängigkeit in der Welt bekannt zu machen. Paderewski, der damals in Kalifornien lebte, wurde amerikanischer Vertreter des Polnischen Nationalkomitees in Paris, einer mit den Entente-Staaten verbündeten politischen Organisation. Er forderte die Exilpolen auf, in die polnischen Streitkräfte in Frankreich einzutreten, umwarb alle möglichen Würdenträger und einflussreichen Persönlichkeiten und sprach die Amerikaner direkt von der Kanzel oder im Radio an, um sie an das Schicksal seiner Nation zu erinnern. Im Januar 1917, am Vorabend des Kriegseintritts der Vereinigten Staaten, wandte sich der Berater von Präsident Woodrow Wilson, Colonel House an Paderewski mit der Bitte, ein Memorandum über die polnische Frage zu verfassen. Zwei Wochen später sprach Wilson vor dem Kongress und stellte dabei den Status quo in Frage:
Ich gehe davon aus, dass die Staatsmänner überall auf der Welt darin übereinstimmen, dass es ein vereintes, unabhängiges und autonomes Polen geben sollte.
Die Schaffung eines „Neuen Polens” wurde zu einem der berühmten vierzehn Punkte von Präsident Wilson, die den Ausgangspunkt für die Friedensverhandlungen zur Beendigung des Ersten Weltkriegs bildeten.
Alle politischen Fraktionen waren sich einig, dass Polen einen Delegierten zur Friedenskonferenz von Versailles entsenden sollte, der in der Lage wäre, dort die Interessen aller Polen zu vertreten. Paderewski, der bekannteste Verfechter der polnischen Sache, wurde zum Anführer der Delegation gewählt. Auf diese Weise wurde er zu einem Unterzeichner des Versailler Vertrages.
Innerhalb von nur 10 Monaten nach dem Amtsantritt der Regierung Paderewski fanden bedeutende Ereignisse statt: demokratische Wahlen zum Sejm, die Ratifizierung des Versailler Vertrags, die Verabschiedung des Vertrags über den Schutz der nationalen Minderheiten im neuen Staat und die Einführung des öffentlichen Schulwesens. Paderewski musste sich mit dem Problem der Arbeitslosigkeit auseinandersetzen, ethnische und soziale Konflikte entschärfen, den Ausbruch einer Epidemie eindämmen und die drohende Hungersnot infolge der Kriegszerstörungen abwenden. Dank seines diplomatischen Geschicks und des Respekts, den man ihm entgegenbrachte, war Polen in der Lage, problematische Aspekte mit seinen Nachbarn erfolgreich zu verhandeln und internationale Anerkennung zu erlangen.
1941 wurde Paderewski für seine künstlerischen und humanitären Verdienste eine bewegende Ehrung zuteil: Amerikanische Städte organisierten anlässlich des 50. Jahrestages seiner ersten Konzerttournee in Amerika eine Paderewski-Woche, in der 6.000 Konzerte zu seinen Ehren stattfanden. Mitte 1941 erkrankte Paderewski. Er starb am 29. Juni in New York.
Zu seiner Beerdigung versammelten sich in der St. Patrick’s Cathedral viereinhalb Tausend Menschen, weitere 35 Tausend verabschiedeten sich von ihm vor die Kirche. Präsident Roosevelt erließ einen Sondererlass, der es erlaubte, den Komponisten auf dem Arlington National Cemetery zu bestatten. Der Wunsch des Künstlers war es jedoch, im freien Polen begraben zu werden. Dieser Wunsch ging 1992 in Erfüllung, als Paderewskis sterbliche Überreste nach Polen überführt und in der Krypta der Warschauer Johanniskathedrale beigesetzt wurden.
Paderewski zufolge sollten wir nicht auf Unterschiede achten, sondern eine Gemeinschaft im patriotischen Geist und eine Einheit in nationaler Harmonie schaffen. Die Oper „Manru” zeigt symbolisch den Tod der Liebe durch die Ablehnung von Freundlichkeit einem anderen Menschen gegenüber.
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